Wer bringt Europas Autoindustrie wieder ins Rollen?
Die europäische Autoindustrie steht an einem Wendepunkt. Zwar zieht die Nachfrage nach Elektroautos wieder an, doch das Tempo der Transformation bleibt hinter den klimapolitischen Vorgaben zurück. Gleichzeitig wächst der Druck: China dominiert zentrale Teile der Batterieherstellung und Zölle belasten das Exportgeschäft in die USA. Die Maßnahmen von VW, Stellantis & Co. reichen von milliardenschweren Investitionen in Batteriefabriken über den verstärkten Einsatz von Hybridantrieben. Gelingt es der europäischen Automobilbranche, ein profitables Geschäftsmodell umzusetzen, bevor es zu spät ist?
Hybride bleiben Taktgeber, aber E-Auto-Verkäufe erholen sich
Nach einem schwächeren Jahr 2024 haben die Elektroautoverkäufe in Europa wieder angezogen. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres erreichten reine Elektroautos in Europa einen Anteil von rund 18 Prozent an den Neuzulassungen, nach rund 15 Prozent in den Vorjahren 2024 und 2023 (FuW, 02.12.2025). Dahinter steht nicht nur ein höherer Marktanteil, sondern auch ein Zuwachs bei den Stückzahlen um mehr als ein Viertel auf rund 2 Millionen verkaufte Fahrzeuge. Der Gesamtmarkt legte im gleichen Zeitraum nur knapp 2 Prozent zu, was zeigt, dass das Wachstum vor allem aus elektrifizierten Antrieben kommt (ACEA, 25.11.2025).
Regionale Unterschiede bleiben jedoch groß. Nordeuropäische Länder wie Norwegen, Dänemark und die Niederlande verzeichnen sehr hohe Anteile an Elektroautos bei Neuzulassungen, während in Italien, Rumänien oder Polen nur mittlere einstellige Prozentsätze erreicht werden (FuW, 02.12.2025). Gründe lassen sich in unterschiedlichen Förderregimes, Einkommensniveaus und Ladeinfrastrukturen finden Der europäische Herstellerverband ACEA (European Automobile Manufacturers Association) warnt deshalb, dass das derzeitige Tempo noch unter dem Pfad liege, der für eine vollständige Dekarbonisierung bis Mitte der 2030er-Jahre nötig wäre (FuW, 02.12.2025).
Parallel dazu haben Hybride ihren Status als Massenprodukt gefestigt. Hybridfahrzeuge, inklusive Plug-in-Hybride waren seit Jahresbeginn 2025 bis Ende Oktober die meistverkaufte Antriebsklasse in der EU und kamen auf einen Marktanteil von 43,7 Prozent (ACEA, 25.11.2025). Vor allem Plug-in-Hybride, die im Alltag überwiegend elektrisch, auf langen Strecken aber mit Verbrenner gefahren werden können, verzeichneten eine positive Verkaufsentwicklung. In Europa ist ihr Absatz bis Oktober um fast ein Drittel gestiegen, der Marktanteil liegt bei über 9 Prozent (FuW, 02.12.2025). Marktforscher von GlobalData erwarten zwar, dass der Hybridanteil langfristig bei etwa einem Fünftel verharren wird, während Elektroautos bis 2030 rund die Hälfte der Neuwagenverkäufe stellen könnten (FuW, 02.12.2025). Kurzfristig verschaffen Hybride den Herstellern aber wertvolle Flexibilität bei Produktmix, Kapazitätsauslastung und CO₂-Flottenzielen.
Vor diesem Hintergrund ist die politische Debatte um das EU-weite Verbot neuer Benzin- und Dieselautos ab 2035 erneut entbrannt. Sieben Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Italien, Tschechien und Polen, fordern die EU-Kommission auf, den Rechtsrahmen zu überarbeiten und den Verkauf von Hybridfahrzeugen sowie von Fahrzeugen mit CO₂-neutralen Kraftstoffen auch nach 2035 zuzulassen. Die Regierungen argumentieren mit dem Prinzip der technologischen Neutralität und verweisen auf hohe Energiepreise, eine noch lückenhafte Ladeinfrastruktur und die Kostenbelastung der Autoindustrie.
Unterstützung erhalten sie aus der Branche. Die Chefin des Herstellerverbands Acea, Sigrid de Vries, hält das 2035-Ziel ohne deutlich schnelleren Infrastrukturausbau und stärkere Nachfrageanreize für „nicht mehr realistisch“ (Euronews, 08.12.2025). Kritisiert wird, dass die CO₂-Regulierung fast ausschließlich auf das Angebot neuer Fahrzeuge zielt, ohne beispielsweise durch Anreize die Nachfrage nach alternativen Antriebsarten ausreichend zu erhöhen.
Gleichzeitig verschärft der Umgang mit chinesischen Elektroauto-Importen den Zielkonflikt zwischen Klimapolitik und Industriepolitik. Die EU hat Ende 2024 Ausgleichszölle von bis zu rund 35 Prozent auf (staatlich subventionierte) Elektrofahrzeuge aus China verhängt, mit einer Laufzeit von fünf Jahren (Europäische Kommission, 29.10.2024). Ziel ist es, die europäische Industrie vor Dumping zu schützen. Die Maßnahme verteuert jedoch den Zugang zu günstigen E-Modellen, die für eine schnelle Marktdurchdringung wichtig wären. Parallel verhandelt Brüssel mit einzelnen Herstellern wie Volkswagen über Mindestpreise als Alternative zu Zöllen, um Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen und gleichzeitig den Marktzugang zu sichern (Ecomento, 08.12.2025).
Die politische Unsicherheit rund um das Verbrennerverbot, Zölle und lokalisierte Wertschöpfung erschwert den Herstellern langfristige Investitionsentscheidungen und führt dazu, dass Hersteller mit mehreren möglichen regulatorischen Szenarien konfrontiert werden.
Stellantis im Stresstest
Stellantis steht exemplarisch für die aktuellen Spannungsfelder. Die italienische Autoindustrie steckt in einer Krise: Die Produktion in den Stellantis-Werken in Italien dürfte 2025 nur rund 440 000 Fahrzeuge erreichen, der niedrigste Wert seit fast siebzig Jahren. Der Konzern schrieb im ersten Halbjahr 2025 einen Verlust von 2,3 Milliarden Euro, Nordamerika meldete eine negative Marge, und auch der Marktanteil in Europa ist gesunken (NZZ, 01.12.2025).
Als Gegenreaktion setzt Stellantis auf Hybridmodelle und reduziert den Umfang rein elektrischer Projekte. Die Hybridversion des Fiat 500, die ab 2026 in Turin vom Band laufen soll, gilt als Hoffnungsträger für Beschäftigung und Auslastung (NZZ, 01.12.2025). Parallel verfolgt der Konzern eine globale Nischenstrategie: Der rein elektrische Fiat Topolino, offiziell als „Quadricycle“ klassifiziert, soll künftig auch in den USA angeboten werden. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von knapp 50 Kilometer pro Stunde und einer Reichweite von rund 75 Kilometer ist das Fahrzeug auf urbane Kurzstrecken ausgelegt. Die Ankündigung folgt zeitlich auf Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, der eine Öffnung der Regulierung für Kleinstfahrzeuge nach japanischem Vorbild angeregt hat, auch wenn Stellantis den Zusammenhang zurückweist (CNN, 08.12.2025).
Deutsche Hersteller mit unterschiedlichen Strategien
Auch die deutschen Autobauer stehen unter Druck, ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Volkswagen musste 2025 wegen US-Strafzöllen, schwächerer Profitabilität bei Elektroautos und Problemen bei Porsche erstmals seit der Corona-Krise einen Milliardenverlust hinnehmen; allein die Zölle von US-Präsident Trump belasten das Ergebnis 2025 mit bis zu 5 Milliarden Euro, was das Management zu einer Verschärfung der Sparprogramme zwingt (FuW, 30.10.2025). Parallel dazu richtet Konzernchef Oliver Blume die Investitionen neu aus: Bis 2030 sollen 160 Milliarden Euro vor allem in Produkte, Batteriezellen, Werke und Infrastruktur in Deutschland und Kontinentaleuropa fließen, um die Abhängigkeit von asiatischen Zulieferern zu reduzieren und die Renditebasis in Europa zu stärken (Automotive World, 08.12.2025).
BMW scheint den Spagat zwischen Zukunft und Gegenwart besser hinzukriegen (Auto Zeitung, 19.11.2025). Der Konzern hat seine Modellpaletten über Jahre auf flexibel ausgelegte Plattformen ausgerichtet, die Verbrenner, Hybride und Elektroantriebe gleichermaßen ermöglichen. So kann BMW den Antriebsmix je nach Nachfrage steuern, die Kapazitätsauslastung hochhalten und zugleich den Anteil elektrischer Modelle schrittweise erhöhen; der Elektroauto-Anteil liegt inzwischen bei rund 18 Prozent der Auslieferungen (FuW, 02.12.2025; FuW, 06.10.2025). Mit der „Neuen Klasse“ folgt nun der Übergang auf eine rein elektrische Architektur, mit der der Konzern Fertigung, Software und Batterietechnologie stärker vereinheitlichen und die Stückkosten der E-Modelle senken will (BMW Group, 2025).
Konkurrentin Mercedes-Benz steht im Umbau ihrer Produktpalette unter Margendruck. Nach rückläufigen Verkäufen, insbesondere in China, und einem deutlichen Gewinnrückgang 2024 hat der Konzern das Effizienzprogramm „Next Level Performance“ aufgelegt: Bis 2027 sollen die Produktionskosten um rund 10 Prozent sinken (FleetPoint, 20.02.2025). Gleichzeitig halten die Stuttgarter insbesondere im wichtigsten Markt China am Prinzip „Value over Volume“ fest und setzt auf ein Portfolio aus rentablen Verbrennern und Elektrofahrzeugen
Alles dreht sich um die Batterie
Ein zentrales Problemfeld der europäischen Autoindustrie ist die E-Auto-Batterie. Stellantis und der chinesische Marktführer CATL verkündeten im November den Bau einer LFP (Lithium-Eisenphosphat) -Batteriefabrik für 4,1 Milliarden Euro im spanischen Figueruelas, die ab Ende 2026 mit 50 Gigawattstunden Jahreskapazität Elektrofahrzeuge in ganz Europa beliefern soll (Euronews, 27.11.2025). Die Anlage soll vollständig mit erneuerbarer Energie betrieben werden und mittelfristig rund 4000 Arbeitsplätze schaffen. Für Spanien ist das Projekt ein Symbol seiner Rolle als Fertigungsstandort für die europäische Elektrifizierung.
Gleichzeitig verdeutlicht die Kooperation die anhaltende Abhängigkeit von chinesischer Technologie. CATL dominiert den globalen Markt für Batteriezellen und kontrolliert über Beteiligungen auch große Teile der Förderung von Lithium, Nickel und Kobalt. Während EU-Politiker die Investition als Beitrag zur Re-Industrialisierung Europas loben, warnen Kritiker vor einer zu großen Abhängigkeit von chinesischen Partnern, zumal die chinesische Seite den Großteil der finanziellen Mittel beisteuert.
Parallel versucht Europa, eigene Kompetenzen bei Schlüsseltechnologien aufzubauen. Volkswagen investiert bis 2030 rund 160 Milliarden Euro, mit klarem Schwerpunkt auf Deutschland und Kontinentaleuropa. Konzernchef Oliver Blume bezeichnet 2024 als Höhepunkt der Kapitalausgaben und will künftig selektiver investieren, primär in Batterieproduktion, Software und Fertigungsinfrastruktur in Europa (Automotive World, 08.12.2025). In Salzgitter nimmt die erste konzerninterne Zellfabrik den Betrieb auf. Ziel ist es, die Abhängigkeit von asiatischen Zelllieferanten zu reduzieren und strategische Unabhängigkeit bei der wichtigsten Komponente des Elektroautos zu gewinnen.
Zugleich investieren Hersteller und Zulieferer in neue Batterietechnologien. Festkörperbatterien, die höhere Energiedichte und kürzere Ladezeiten versprechen, wurden von Mercedes-Benz unter Alltagsbedingungen erfolgreich getestet – ein Mercedes EQS mit Festkörperbatterie fuhr erfolgreich über 1200 Kilometer, ganz ohne Ladestopp (FuW, 19.11.2025). BMW, Toyota, Nissan und andere verfolgen ähnliche Projekte mit verschiedenen Partnern. Obwohl die Serienreife erst gegen Ende des Jahrzehnts erwartet wird, können diese Entwicklungen langfristige Investitionsentscheidungen bereits heute beeinflussen (FuW, 19.11.2025).
Klar ist: Die europäische Autoindustrie verfügt weiterhin über starke Marken, technologische Kompetenz und industrielle Basis. Ob daraus in einem von China und den USA geprägten Umfeld ein robustes Zukunftsmodell entsteht, könnte davon abhängen, wie gut Politik und Unternehmen die Transformation koordinieren.
Risiken
Emittenten- / Bonitätsrisiko:
Anleger sind dem Risiko ausgesetzt, dass Emittent und Garant ihre Verpflichtungen aus dem Produkt und der Garantie - beispielsweise im Falle einer Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung) oder einer behördlichen Anordnung von Abwicklungsmaßnahmen - nicht erfüllen können. Eine solche Anordnung durch eine Abwicklungsbehörde kann im Falle einer Krise des Garanten auch im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens ergehen. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist möglich. Das Produkt unterliegt als Schuldverschreibung keiner Einlagensicherung.
Erhöhtes Verlustrisiko:
Wegen der Hebelwirkung besteht bei Hebelprodukten, wie z.B. bei den hierin genannten Turbo-Optionsscheinen und Mini Futures, ein erhöhtes Verlustrisiko (Totalverlustrisiko).
Festes Laufzeitende:
Die hierin genannten Zertifikate haben eine feste Laufzeit. Dies führt zur Beendigung der Anlage und Rückzahlung des aktuellen Werts zu dem bestimmten Termin. Die Zertifikate können nicht darüber hinaus gehalten werden. Es besteht kein Kapitalschutz für die hierin genannten Zertifikate.
Marktrisiko / Preisänderungsrisiko:
Der Wert des Zertifikats kann während der Laufzeit durch die marktpreisbestimmenden Faktoren auch deutlich unter den Erwerbspreis fallen, wenn der Wert des Basiswerts fällt.
Währungsrisiko:
Da die Währung des als Basiswert zugrundeliegenden Index nicht Euro ist und der Index Aktien und Wertpapiere enthält, die in anderen Währungen notieren (z.B. US-Dollar), hängt der Wert des Zertifikats auch vom Umrechnungskurs zwischen der jeweiligen Fremdwährung (z.B. US-Dollar) und Euro (Währung des Zertifikats) ab. Dadurch kann der Wert des Zertifikats (in Euro) über die Laufzeit erheblich schwanken.
Wichtige Hinweise:
Diese Information ist weder eine Anlageberatung noch eine Anlagestrategie- oder Anlageempfehlung, sondern Werbung. Die vollständigen Angaben zu den Wertpapieren, insbesondere zur Struktur und zu den mit einer Investition verbundenen Risiken, sind in dem Basisprospekt, nebst etwaiger Nachträge, sowie den jeweiligen Endgültigen Bedingungen beschrieben. Der Basisprospekt und die Endgültigen Bedingungen stellen das allein verbindliche Verkaufsdokument der Wertpapiere dar. Es wird empfohlen, dass potenzielle Anleger diese Dokumente lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollständig zu verstehen. Die Dokumente sowie das Basisinformationsblatt sind auf der Internetseite des Emittenten, Vontobel Financial Products GmbH, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt am Main, Deutschland, unter prospectus.vontobel.com veröffentlicht und werden beim Emittenten zur kostenlosen Ausgabe bereitgehalten. Die Billigung des Prospekts ist nicht als Befürwortung der angebotenen oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere zu verstehen. Bei den Wertpapieren handelt es sich um Produkte, die nicht einfach sind und schwer zu verstehen sein können. In dieser Information sind Angaben enthalten, die sich auf die Vergangenheit beziehen. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse.