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Windenergie: Zeit, dass sich was dreht

13. März 2023 | 6 Minuten zu lesen

Bei der globalen Energiewende spielt die Windkraft eine zentrale Rolle. Sowohl an Land als auch auf hoher See produzieren immer mehr Turbinen grünen Strom. Von diesem Megatrend könnten nicht nur die Hersteller der entsprechenden Technologie, sondern auch Windpark- und Stromnetzbetreiber profitieren. Ein neuer Index bildet die gesamte Wertschöpfungskette ab.

Sei es in der deutschen Bucht, vor der Insel Amrum oder unweit von Stralsund: Windräder zählen fest zur Silhouette von Nord- und Ostsee. Insgesamt drehen sich vor den deutschen Küsten 1.500 Turbinen mit einer Gesamtkapazität von acht Gigawatt (GW). Und schon bald dürften solche Anlagen auch das Meer vor der US-amerikanische Westküste zieren. Im Dezember hat das Bureau of Ocean Energy Management eine viel beachtete Auktion abgeschlossen. Erstmals wurden Pachtgebiete für den Einsatz von schwimmenden Windkraftanlagen in der Pazifik-Region vergeben. Fünf Unternehmen haben für insgesamt 757,1 Millionen US-Dollar den Zuschlag erhalten. Sie werden nun auf einer Fläche von insgesamt über 151.000 Hektar Turbinen errichten, welche mehr als 1,5 Millionen Haushalte mit Strom versorgen sollen.

RWE ist mit von der Partie. Der deutsche Versorger darf in der Humboldt-Bucht, 45 Kilometer vor der Nordküste Kaliforniens schwimmende Turbinen mit einer Kapazität von bis zu 1,6 Gigawatt (GW) aufstellen. Mitte der 2030er-Jahren soll das Projekt in Betrieb gehen. Laut Sven Utermöhlen, CEO Offshore Wind von RWE Renewables, profitiert das Unternehmen hier von mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Offshore-Industrie. Bereits die Demonstrationsprojekte für die jüngste Ausschreibung hätten wichtige Erkenntnisse geliefert. «Eine gute Ausgangslage, um RWE als einen der Hauptakteure im Bereich Offshore-Windkraft in den USA zu etablieren – einem der wichtigsten strategischen Märkte für den Ausbau unseres Portfolios», schwärmt der Manager.

Ende der US-Flaute

In der Tat scheint Washington die offene See (Offshore) verstärkt als Energiequelle zu entdecken. Bis 2035 möchte Präsident Joe Biden entlang den Küsten neue, schwimmende Windkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 15 GW platzieren. Insgesamt soll die Leistungsstärke der US-Offshore-Anlagen bereits im Jahr 2030 auf 30 GW klettern. Dieses Ziel zählt zu den Eckpfeilern von Bidens Politik im Kampf gegen den Klimawandel. Ein Kurswechsel, da in punkto Windenergie in den Staaten lange Zeit eine sprichwörtliche Flaute herrschte. Während der Offshore-Ausbau gerade erst beginnt, standen auf dem US-Festland (Onshore) laut Zahlen der International Renewable Energy Agency (IRENA) 2021 Windkraftanlagen mit einer Kapazität von knapp 137 GW. Zum Vergleich: China betreibt auf festem Boden mittlerweile Turbinen mit einer Gesamtleistungsfähigkeit von mehr als 300 GW, während sich europaweit 2021 Onshore-Räder mit einer Kapazität von gut 194 GW drehten.

Das Reich der Mitte und der alte Kontinent stehen damit für rund zwei Drittel der globalen Windkraftkapazität. Angetrieben von den beiden Regionen boomt der globale Sektor seit Jahren: Zwischen 2012 und 2021 haben sich die weltweit installierten Windkraftkapazitäten annähend verdreifacht. Noch entfällt deutlich weniger als ein Zehntel des Marktes auf Offshore-Anlagen. Doch wächst dieses Segment besonders stark – im genannten Zeitraum hat sich die installierte Kapazität mehr als verzehnfacht.

Voll im Wind

Nicht nur die US-Initiative spricht dafür, dass der Markt noch viel grösser werden dürfte. Sowohl bei On- als auch bei Offshore zeigt die deutsche Regierung einen kräftigen Expansionsdrang. Am 1. Februar ist das «Windenergie-an-Land-Gesetz» in Kraft getreten. Jetzt liegt es an den Bundesländern, dafür zu sorgen, dass bis Ende 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie zur Verfügung stehen. «Wir teilen das regional fair auf, berücksichtigen dabei die Windbedingungen, den Natur- und Artenschutz und die räumlichen Ordnungen», beschreibt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Gesetz.

Um die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten zu stärken und die Klimaziele zu erreichen, treibt Berlin auch den flächendeckenden Ausbau der Windkraft in der Nord- und Ostsee voran. Im Januar hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) neue Gebiete für Offshore-Windparks publiziert. Geht alles glatt, soll auf diese Weise das Ziel von 40 Gigawatt Leistung bis 2035 um zehn Gigawatt übertroffen werden. Bereits 2030 könnten sich in deutschen Gewässern Anlagen mit einer «Power» von mindestens 30 Gigawatt drehen. Dann wäre es möglich, fast 15 Prozent des deutschen Stromverbrauchs allein von den Offshore-Kraftwerken produzieren zu lassen.

In der Schweiz spielt diese Energiequelle eine eher untergeordnete Rolle. Aufgrund der geografischen Bedingungen dominiert die Wasserkraft den Strommix. Allerdings könnte es durchaus zu einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse kommen. Laut vom Bundesamt für Energie (BFE) in Auftrag gegebenen Berechnungen der Berner Meteotest AG beläuft sich das Windpotenzial der Schweiz pro Jahr auf 29,5 Terawattstunden (TWh). Zum Vergleich: Der gesamte nationale Stromverbrauch betrug 2021 gut 57 TWh. Frühere Berechnungen hatten noch zu einem deutlich kleineren Potenzial geführt. 2012 sahen die Experten die Gesamtsumme bei lediglich 3,7 TWh jährlich.

«Die heutigen Windenergieanlagen sind höher, haben deutlich grössere Rotoren und produzieren damit ein Vielfaches an Energie im Vergleich zu den älteren Anlagen», begründet das BFE die neue Einschätzung. Zudem hätten sich die politischen Rahmenbedingen verändert. Mittlerweile kann das Windenergiepotenzial des Waldes in die Projektionen aufgenommen werden. «Schon ein Teilausbau von 30 Prozent des gesamten Windenergiepotenzials – das entspricht rund 1.000 Windenergieanlagen – könnte wesentlich zu einer sichereren Stromversorgung der Schweiz und zu einer Verringerung der Auslandabhängigkeit beitragen», erklärt das BFE.

Ein komplexer Lebenszyklus

Egal, ob in den Schweizer Wäldern, vor der Deutschen Bucht oder der US-Westküste: Rund um den Globus dürften weiterhin viele Explorationsteams unterwegs sein. Ihre Aufgabe ist es, den Land- und Meeresboden sowie die Windverhältnisse zu analysieren. Sobald die Entscheidung für einen Standort gefallen ist und der Betreiber über die nötigen Eigentums- und Nutzungsrechte verfügt, geht es an die Planung, Finanzierung sowie technische Umsetzung eines Windparks. Nach Abschluss der Installations-Arbeiten, inklusive des Anschlusses an das Stromnetz, beginnt der Regelbetrieb. Dann braucht es mehr denn je spezialisierte Fachkräfte, die sich um Verwaltung der Anlagen sowie die Wartung unter teils widrigen Verhältnissen kümmern. Am Ende des Lebenszyklus von durchschnittlich 20 bis 30 Jahren stehen Rückbau samt Recycling oder ein «Repowering» an – dabei werden alte Parks ohne eine neue Genehmigung auf moderne Turbinen umgerüstet.

Entlang der skizzierten Wertschöpfungskette tummelt sich eine Vielzahl von Unternehmen – die Liste reicht von Entwicklungsbüros über Windparkbetreiber und -zulieferer, Stromversorger bis zu den Herstellern der riesigen Turbinen. Vor allem die letztgenannten Konzerne hatten in den vergangenen Jahren mit einem gemeinsamen Problem zu kämpfen: Vielfach gelang es den Windkraftspezialisten nicht, Profit aus gut gefüllten Auftragsbüchern zu schlagen. Die im Laufe der Corona-Pandemie aufkommenden Engpässe in den globalen Lieferketten bereiteten dem Sektor zusätzliche Probleme. Mit dem Zinsanstieg haben sich im vergangenen Jahr auch noch die Finanzierungsbedingungen verschlechtert. Wenig überraschend sorgte dieses Umfeld bei den Aktien des Sektors für eine Flaute.

Allgemeine Aufbruchstimmung

Mittlerweile hat der Wind sprichwörtlich gedreht. In den vergangenen Monaten zogen die Kurse auf breiter Front an. Gleichzeitig kamen aus dem Sektor vorsichtig optimistische Töne. «2023 kann für die Windenergie das Jahr des Aufbruchs werden», sagte der Präsident des Bundesverbands der Windenergie (BWE), Hermann Albers, im Januar. Einen Schub verspricht er sich durch die Gesetzespakete der Bundesregierung. Konkret erwartet der BWE, dass 2023 in Deutschland Windkraftanlagen mit einer Leistung zwischen 2,7 und 3,2 GW installiert werden. Im vergangenen Jahr sind rund 550 Windräder mit einer Gesamtkapazität 2,4 GW aufgestellt worden. Dem Verband zufolge schreibt der Staat 2023 eine Rekordmenge von Projekten mit fast 13 GW aus. Albers ist jedoch skeptisch, dass dieses Volumen tatsächlich vergeben wird. Als realistisches Ziel nennt er zehn GW. Das würde reichen, damit der Zubau im kommenden Jahr deutlich stärker Fahrt aufnimmt. «Es helfen nur genehmigte Projekte und Aufträge», macht der BWE-Präsident deutlich.

Nordex: Ein schwieriges Jahr

Diesem Argument dürfte das Management von Nordex beipflichten. Im vergangenen Jahr hat der Spezialist für Onshore-Windturbinen in Deutschland die Marktführerschaft übernommen. Auf dem Heimatmarkt errichtete der Konzern aus Rostock 2022 insgesamt 173 Anlagen. Mit 769 Megawatt (MW) lag die bereitgestellte Leistung um 170 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Insgesamt hat der Konzern trotz dieses Erfolgs ein ziemlich schwieriges Jahr hinter sich. CEO José Luis Blanco rechnet für 2022 mit einem Umsatzrückgang von bis zu 4,5 Prozent. Gleichzeitig dürfte das Unternehmen in die roten Zahlen gerutscht sein. Der Chef erwartet beim operativen Ergebnis (Stufe EBITDA) eine Marge von rund minus vier Prozent. «Grund hierfür sind die fortwährenden Unterbrechungen der Lieferketten, Folgekosten aus Projektverzögerungen sowie das inflationäre Preisumfeld», teilte Nordex im vergangenen Herbst mit. Blanco ist aber weiterhin von den Aussichten des Sektors überzeugt. Unter der Annahme eines stabilen makroökonomischen Umfeldes traut er Nordex mittelfristig eine EBITDA-Marge von rund acht Prozent zu. Ob dieses Ziel weiterhin gilt, sollten Anleger spätestens am 28. März erfahren. Dann veröffentlicht Nordex die Bilanz für 2022.

Vestas: Ehrgeizige Ziele

Vestas hat den Abschluss bereits vorgelegt. Der Umsatz des weltgrössten Windturbinenherstellers stagnierte 2022 bei 14,49 Milliarden Euro. Damit verpassten die Dänen ihre eigene Zielsetzung denkbar knapp. Das Management um CEO Henrik Andersen hatte eine Erlösspanne von 14,5 bis 15,5 Milliarden Euro angepeilt. Mit minus acht Prozent fiel die operative Marge (Stufe EBIT) deutlich negativ aus. Andersen führt die schwache Entwicklung auf geopolitische Unsicherheiten, eine hohe Inflation und die Engpässe in den Lieferketten zurück. Zwar erwartet der CEO im laufenden Jahr ähnliche Schwierigkeiten. Gleichzeitig sieht er Vestas aber auf dem richtigen Weg, um die langfristigen Ziele zu erreichen. Bereits 2025 hält Andersen eine EBIT-Marge von zehn Prozent für möglich. Nicht zuletzt dieser ehrgeizige Ausblick hat dazu beigetragen, dass die Vestas-Aktie ihren Erholungskurs am Bilanztermin fortgesetzt hat. Mittlerweile notiert der Branchenkrösus gut die Hälfte über dem im vergangenen Herbst erreichten Mehrjahrestief.

Solactive Wind Technology Index:

Systematische Aktienauswahl RWE, Nordex, Vestas und 17 weitere Aktien aus der globalen Windkraftindustrie sind im neuen Solactive Wind Technology Index enthalten. Diese Benchmark macht sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette systematisch auf die Suche nach aussichtsreichen Unternehmen in diesem Gebiet. Neben den Herstellern von Windturbinen zählen dazu Betreiber von Windparks und Stromnetzen sowie die Zulieferer des Sektors. Die Auswahl erfolgt mit Hilfe von ARTIS®, einem vom Indexbetreiber Solactive entwickelten Algorithmus. Er unternimmt ein Screening des Aktienuniversums anhand der öffentlich zur Verfügung stehenden Unternehmensdaten. Auf diese Weise macht ARTIS®-Unternehmen ausfindig, die einen signifikanten Bezug zum energiegeladenen Anlagethema Windenergie haben. Vontobel nutzt diese Expertise und emittiert Partizipationszertifikate auf den Solactive Wind Technology Index.

Da die Währung des als Basiswert zugrundeliegenden Index nicht Euro ist und der Index Aktien und Wertpapiere enthält, die in anderen Währungen notieren (z.B. US-Dollar), hängt der Wert des Zertifikats auch vom Umrechnungskurs zwischen der jeweiligen Fremdwährung (z.B. US-Dollar) und Euro (Währung des Zertifikats) ab. Dadurch kann der Wert des Zertifikats (in Euro) über die Laufzeit erheblich schwanken.

Der Wert des Zertifikats kann während der Laufzeit durch die marktpreisbestimmenden Faktoren auch deutlich unter den Erwerbspreis fallen, wenn der Wert des Basiswerts fällt.

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