Georg Fischer greift zu
Der Industriekonzern Georg Fischer erweitert sein Geschäft im Bereich der Rohrleitung mit der Grossübernahme des finnischen Rohrleitungsspezialisten «Uponor». Das Produktportfolio und die geografische Präsenz der beiden Unternehmen ergänzen sich. Mit der Übernahme steigt Georg Fischer zur weltweiten Nummer zwei im Geschäft mit Rohrleitungen auf.
Ursprünge von Georg Fischer
Der Ursprung von Georg Fischer geht auf die Gründung einer Giesserei im Jahr 1802 zurück. Später kamen Stahlwerke hinzu und der Betrieb wuchs zu einem industriellen Grossunternehmen für Eisen- und Stahlguss heran. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts steigt der Umsatz rasant an, 1970 erreicht der Konzernumsatz erstmals über eine Milliarde Schweizer Franken. Ab dem Jahr 1990 fokussiert sich der Konzern auf die Kerntätigkeiten Fahrzeugtechnik (Casting Solutions), Rohrleitungssysteme (Piping Systems), Fertigungstechnik (Machining Solutions) und Anlagenbau, wobei letzteres unterdessen verkauft wurde. Im letzten Geschäftsjahr (2022) lag der Umsatz bei fast vier Milliarden Schweizer Franken.
Zeit für eine Grossübernahme
Wenn Georg Fischer Übernahmen tätigt, ist der Umfang normalerweise überschaubar. In diesem Jahr stand jedoch eine Grossübernahme auf dem Programm. Mitte November wurde die Transaktion mit dem finnischen Rohrleitungsspezialisten «Uponor» abgeschlossen. Uponor erzielte im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von fast 1.4 Milliarden Schweizer Franken. Mit der Übernahme erhöht sich Georg Fischers Umsatz um einen Drittel. Der Übernahmepreis liegt bei 2.1 Milliarden Euro.
Mehr als einen Interessenten
Der Zusammenschluss wird mit strategischen Überlegungen begründet. Allerdings brachte ein anderes Unternehmen den Stein ins Rollen. Im April gab der belgische Wassermanagementspezialist «Aliaxis» ein öffentliches Übernahmeangebot für Uponor bekannt. Aliaxis besserte im Mai das Angebot auf 1.9 Milliarden Euro nach, ähnlich wie beim ersten Angebot lehnte Uponor ab, mit der Begründung, dass der Preis zu tief sei. Erste Avancen hatte Aliaxis bereits im Mai 2022 gemacht, allerdings führten die Gespräche im privaten Rahmen ins Leere.
Als Reaktion auf das Angebot von Aliaxis kündite Uponor Mitte Mai an, strategische Alternativen zu prüfen, nachdem es Hinweise auf das Interesse anderer Parteien erhalten habe. Unter anderem wurde auch Georg Fischer als Interessent vermutet. Mitte Juni legte Georg Fischer ein offizielles Angebot vor, Uponor für einen Gesamtwert von 2.1 Milliarden Euro übernehmen zu wollen. Im Unterschied zu Aliaxis unterstützte der Uponors Verwaltungsrat [FB1] das Angebot. Zudem haben wichtige Aktionäre, die zusammen 36.9 Prozent an Uponor halten, ihre Zustimmung erteilt. Wenige Tage nach Georg Fischers Ankündigung, zog Aliaxis das Angebot zurück.
Ende Oktober genehmigte die Europäische Kommission das Übernahmeangebot. Am Ende der Angebotsfrist (31. Oktober) besass Georg Fischer 92.5 Prozent aller Uponor Aktien (ausschliesslich Aktien, die von Uponor oder einer ihrer Tochtergesellschaften gehalten werden). Die verbleibenden Aktien werden mittels eines Zwangsrücknahmeverfahrens erworben. Die Übernahme wurde am 13. November vollzogen.
Finanzierung sichergestellt
Da es sich um eine grössere Transaktion handelt, greift Georg Fischer auf verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten zurück. Finanziert wird die Übernahme durch bestehende flüssige Mittel, zugesagten Bankkrediten und durch die Ausgabe von neuen Aktien. Per Ende 2022 verfügte Georg Fischer über einen Netto-Cash Bestand von 159 Millionen Schweizer Franken. Da dies allein nicht ausreicht, wurde neues Fremdkapital aufgenommen. Aus diesem Grund wird die Nettoverschuldung ansteigen. Weiter ist geplant, zu einem späteren Zeitpunkt 8 Millionen neue Aktien auszugeben, was weniger als ein Zehntel des aktuellen Bestands entspricht. Damit soll die Nettoverschuldung aus der Transaktion reduziert werden.
Integration führt zu neuer Division
Georg Fischer und Uponor kennen sich bereits seit mehreren Jahrzehnten. Bereits 1983 erfolgte eine erste Zusammenarbeit. Die Integration sieht vor, Uponors Geschäft in eine neue, vierte Division «GF Uponor» zu packen. Sowohl Piping Systems als auch Uponor beschäftigen sich mit Rohrleitungen. Allerdings liegt der Fokus von Piping Systems auf der Industrie und Infrastruktur, während Uponor hauptsächlich den Gebäudetechnikmarkt bedient. Im letzten Geschäftsjahr (2022) lag der Umsatz der Division Piping Systems bei knapp 2.2 Milliarden Franken und bei Uponor 1.4 Milliarden Franken (zu Wechselkurs Euro / Franken bei Jahresende 2022). Der Zusammenschluss lässt Georg Fischer zum zweitgrössten Rohrleitungskonzern aufsteigen, hinter Aliaxis.
Geografisch sind beide Unternehmen ähnlich aufgestellt. In den Regionen Amerika und Europa bewegen sich die Umsätze im Bereich Rohrleitungen in ähnlicher Höhe. Während sich Uponor auf Europa und Amerika fokussiert, ist Georg Fischer auch in Asien und dem Rest der Welt aktiv.
Höhere Rentabilität erwartet
Ein weiterer Grund für den Zusammenschluss ist die Stärkung des Rohrleitungsgeschäfts. Neu wird zwei Drittel des Umsatzes durch Rohrleitungen erzielt, vorher war es etwas mehr als die Hälfte. Dies dürfte auch Auswirkungen auf die Profitabilität haben. Während die operative Marge bei den Divisionen Casting Solutions und Machining Solutions einstellig ist, warfen Piping Solutions und Uponor zweistellige Margen ab (2022: 13,5 Prozent).
Als Teil der Kommunikation zur vollzogenen Übernahme rechnet Georg Fischer vor, dass das kombinierte Unternehmen inklusive Synergien eine operative Marge von ungefähr 11 Prozent im Jahr 2022 ausgewiesen hätte, im Vergleich zur Marge von 9,8 Prozent vor dem Zusammenschluss.
Die Divisionen Casting Solutions und Machining Solutions sind stärker konjunkturabhängig, da sie unter anderem die Automobilindustrie beliefern und spezialisierte Maschinen herstellen. Die Endkunden im Rohrleitungsgeschäft hängen weniger von der Wirtschaftslage ab. Wachstumstreiber im Rohrleitungsgeschäft sind neben der Energie- und Verbrauchseffizienz in den Bau- und Infrastruktursektoren auch die Halbleiterbranche. Im Produktionsprozess von Halbleitern wird eine Menge Wasser benötigt, was komplexe Leitungssysteme erfordert.
Georg Fischer festigt Position im Rohrleitungsgeschäft
Georg Fischer tätigt eine Grossübernahme, indem es den finnischen Rohrleitungsspezialisten Uponor übernimmt. Damit steigt der Konzern zur Nummer zwei im Rohrleitungsgeschäft auf. Das Produktportfolio ergänzt sich – Piping Solutions konzentriert sich auf die Industrie und Infrastruktur, Uponor auf die Gebäudetechnik.
Der Zusammenschluss stärkt die geografische Präsenz in den Schlüsselmärkten Europa und Amerika. Da das Geschäft mit Rohrleitungen rentabler als die Divisionen Casting und Machining Solutions ist, erhöht der Zusammenschluss die Rentabilität des Konzerns.