Ein Resümee der veröffentlichten ökonomischen Daten
Die am 05.08.2022 veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten fielen überraschend positiv aus. Erwartet worden waren 250'000 neugeschaffene Arbeitsplätze, stattdessen lag die Zahl der Neubeschäftigten bei beachtlichen 528'000. Ausserdem wurde am 10.08.2022 der mit Spannung erwartete amerikanische Verbraucherpreisindex für den Juli 2022 veröffentlicht. Es stellt sich die Frage, welche kurz- bis mittelfristigen Auswirkungen diese ökonomischen Daten auf den Kapitalmarkt haben könnten.
Die US-Arbeitsmarktdaten
Die Arbeitsmarktdaten haben sich als sehr robust herausgestellt, was angesichts der zurückhaltenden Nachfrage der Konsumenten überraschte. Die niedrige Arbeitslosenquote von 3.5 Prozent könnte zudem ein Indikator dafür sein, dass die Lohnkosten für amerikanische Konzerne gestiegen sind. Hintergrund dieser Annahme ist der sogenannte Zweitrundeneffekt. Dieser tritt in der Regel ein, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften auf die gestiegene Inflation reagieren und höhere Löhne anbieten müssen, um qualifizierte Arbeitskräfte zu halten beziehungsweise einzustellen.
Höhere Lohnkosten und eine niedrigere Produktion könnten sich demzufolge als eine gefährliche Kombination entpuppen, die sich negativ auf die Margen, sowie letztlich auch auf das Ertragswachstum der Unternehmen auswirkt. In einer von Bloomberg veröffentlichten Befragung (08.08.2022) durften Analysten der US-Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley ihre für das Jahr 2023 prognostizierten Netto-Margen für US-Konzerne abgeben.
Das Ergebnis der Umfrage, dargestellt im vorstehenden Chart untermauert die möglichen Folgen einer niedrigen Arbeitslosenquote in Zeiten erhöhter Inflation.
Der graphische Verlauf der «Forward Net Margin», in Rot abgebildet, soll die für das darauffolgende Jahr erwartete Netto-Marge der Unternehmen widerspiegeln, die dem S&P 500 zugehörig sind.
Konkret bedeutet dies, dass befragte Analysten in diesem Jahre (2022) kollektiv davon ausgehen, dass die durchschnittliche Netto-Marge für das kommende Jahr um weitere 0,25 Prozent nachgeben und auf einem durchschnittlichen Niveau von 13 Prozent verweilen könnte (Quelle: Bloomberg).
Die US-Inflationsdaten
Bei den veröffentlichten US-Verbraucherpreisindexdaten ergab sich eine Inflationsrate von 8.7 Prozent, was einen Rückgang von 0.4 Prozent gegenüber dem Vormonat bedeutet. Statt der erwarteten 8.7 Prozent wurde eine Teuerungsrate von 8.5 Prozent ermittelt.
Auch die Kernrate der Inflation, welche Lebensmittel- und Rohstoffpreise ausschliesst, stand im Fokus vieler Anlegerinnen und Anleger, da die seit Wochen sinkenden Rohstoffpreise einen möglichen Rückgang der Kernrate implizieren könnten. Hier lagen die publizierten 5.9 Prozent leicht unterhalb der prognostizierten Rate von 6.1 Prozent.
Die Aktienmärkte reagierten positiv auf die stagnierende Inflations-Dynamik und eröffneten die zweite Hälfte der Handelswoche 11.08.2022 mit einem Kursplus.
Auswirkungen auf die Bankenbranche
Ein bewährtes Mittel der Zentralbanken zur Reduktion hoher Inflationsniveaus sind Leitzinsanhebungen. Angezogene Leitzinsen können unter anderem zu höheren Erträgen der Privatbanken im Bereich der Kreditvergabe führen.
Jüngst gewährten US-Grossbanken Einblick in ihre Bücher und bestätigten diese Annahme mit überraschend hohen Krediteinahmen (KW 28 2022).
Hier erfahren Sie mehr über die letzten Quartalsergebnisse der US-Grossbanken.
Viele Analysten stellen jedoch die Nachhaltigkeit des aktuellen Kreditnachfragewachstums mit Hinblick auf weitere anstehende Leitzinsanhebungen in Frage. Argumentiert wird, dass die Nachfrage unter den unattraktiver werdenden Kreditkonditionen leiden könnte.
Die bekanntgegebenen Arbeitsmarktdaten könnten jedoch ein weniger trübes Bild zeichnen. Sie zeigten auf, dass Arbeitssuchende, trotz höher geforderter Löhne in der Lage sind, eine Anstellung zu finden. Steigende Löhne könnten somit implizieren, dass die Kreditnachfrage dank besserem Einkommen und weniger restriktiver Budgetierung potenzieller Kreditnehmer stabil bleibt. Schliesslich könnte eine frühere Wende der Zentralbankpolitik, im Sinne einer Reduktion der Leitzinsen, zu höherem Investitionsbedarf führen. Daraus resultierende, günstigere Refinanzierungskonditionen könnten dem Bereich der Kreditvergabe einen zusätzlichen Nachfrageschub verleihen.