Inflation: Zentralbanken treten langsam auf die Bremse
Die Inflation bleibt weiterhin ein Gesprächsthema. Die zuletzt veröffentlichten Inflationsdaten offenbarten die höchsten Inflationswerte in Industrieländern seit mehr als einem Jahrzehnt. Allen voran ist die US-Notenbank gefordert, da der politische Druck wegen der Preissteigerungen hoch ist und andererseits Schritte zur Eingrenzung der expansiven Geldpolitik allmählich eintreten sollen.
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Die Veränderung der Konsumentenpreise gibt Aufschluss darüber, wie sich die Preise eines bestimmten Warenkorbes von Gütern und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum verändert haben. In den USA erreichte diese Kennzahl im letzten November einen Wert von +6.8% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Dies stellt die höchste gemessene Zunahme der Konsumentenpreise in den USA seit fast 40 Jahren dar. In Europa lässt sich ähnliches beobachten. Im November haben die Konsumentenpreise im gleichen Zeitraum um +4.9% zugenommen. Seit dem Jahr 1997 hatte die Inflation ein solches Niveau nicht mehr erreicht. In der Schweiz lag die Zunahme bei +1.5% im Vergleich zur Vorjahresperiode.
Die Inflation im vergangenen Jahr 2021 war vor allem auf Schwierigkeiten in den globalen Lieferketten, den Mangel an Arbeitskräften, niedrige Rohstoffbestände, eine erhöhte Nachfrage durch die Wiedereröffnung der Wirtschaft und die fiskalische und monetäre Unterstützung der Zentralbanken zurückzuführen. Für die Zentralbanken stellt sich nun die Frage, wie weiterhin Konjunkturimpulse gesetzt werden können und gleichzeitig die Inflation unter Kontrolle gebracht werden kann.
Blick auf die Einflüsse in der Lieferkette
Die jüngsten Daten aus betroffenen Bereichen wie der Schifffahrt, der Halbleiterindustrie sowie den Rohstoffpreisen deuten an, dass sich die Preisanstiege möglicherweise zu beruhigen scheinen und die Inflation möglicherweise nahe dem Höhepunkt steht.
Das auf den Schifffahrtsverkehr spezialisierte Beratungsunternehmen Drewry publiziert mit dem «World Container Index» einen aktuellen Überblick über die Frachtkosten eines Containers von acht verschiedenen internationalen Frachtrouten. Im Zeitraum von Ende September bis Mitte Oktober 2021 haben die Frachtkosten ihren Höhepunkt erreicht. Vom Höhepunkt von knapp über 10'000 US-Dollar haben sich die Frachtkosten bis Mitte Dezember auf ungefähr 9'200 US-Dollar reduziert (Quelle: Drewry, 2021).
Die neueste Entwicklung der Frachtkosten könnte auf sinkende Frachtkosten hindeuten, was die inflationäre Umgebung reduzieren könnte. Allerdings könnte es auch andeuten, dass Frachtkosten für längere Zeit auf einem höheren Niveau verbleiben und somit zu einer längerfristigen Inflation führen könnten. Nicht ausgeschlossen werden kann auch die Erhöhung der Frachtkosten, falls striktere Massnahmen für neue Virus-Varianten eingeführt werden, wovon die Logistik betroffen wäre.
Ähnliche Beobachtungen können bei den Rohstoffen für die Energiegewinnung wie der Öl-Sorte «WTI» oder Erdgas, gemessen am Henry Hub Natural Gas Future, gemacht werden. Der Preis für Erdöl der Sorte «WTI» notiert seit Ende November unter 80 US-Dollar, und die Erdgaspreise liegen seit Anfang Oktober ebenfalls unter dem Höhepunkt von 2021.
Nichtsdestotrotz sind sich Analysten in der Inflationsfrage nicht einig, in welche Richtung die Konsumentenpreise sich in der Zukunft entwickeln werden. Neben den Argumenten für einen Rückgang der Inflation gibt es auch solche, die an eine länger anhaltende Inflation glauben. Die positive Gehaltsentwicklung könnte zu höheren Preisen führen. Durch höhere Löhne resultiert für die Arbeitnehmer eine höhere Kaufkraft, was den Konsum anregen kann und es den Unternehmen ermöglicht, höhere Lohnkosten durch Preiserhöhungen auszugleichen. Zudem ist der Zustand der globalen Lieferketten vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängig. Neue Covid-Mutationen könnten der Erholung der Lieferketten einen Rücksetzer erteilen. Dementsprechend würde bei einer neuen Variante das Angebot der Nachfrage nicht gerecht werden.
Zentralbanken im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt der Inflationsdebatte stehen die Zentralbanken. Diese haben zwei Instrumente, um die Inflationsdynamik möglicherweise zu bremsen. Als Reaktion auf die Pandemie haben die Zentralbanken der USA (Fed) und der EU (EZB) Programme lanciert, um Anleihenkäufe in grossem Stil zu tätigen. Begründet wurden diese Programme dadurch, dass ein günstiger Zugang zu Kapital für Unternehmen gewährleistet wird und somit die Wirtschaft während der Pandemie unterstützt werden kann. Die Zentralbanken möchten diese geldpolitische Massnahme nun zurückfahren. Die EZB gab bekannt, die Wertpapierkäufe bis Ende März zu beenden. Die Fed betonte im Dezember, dass die Anleihenkäufe schneller als bisher angenommen zurückgefahren werden sollen.
Das zweite, traditionellere Instrument ist die Bestimmung der Leitzinsen. Um die Inflationsentwicklungen zu beeinflussen, können die Zentralbanken die Leitzinsen erhöhen. Zurzeit liegen die Leitzinsen auf tiefem Niveau. Nach einer Fed-Sitzung Mitte Dezember erwarten die Mitglieder des Fed-Ausschusses für nächstes Jahr, dass die Zinsen dreimal erhöht werden. Hingegen bezeichnet die EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine Zinserhöhung als «sehr unwahrscheinlich».
Die Erhöhung der Leitzinsen wird auch von anderen Zentralbanken diskutiert und teilweise schon umgesetzt. Zuletzt hat die Nationalbank Englands die Zinsen erstmals seit drei Jahren erhöht, von 0.1% auf 0.25%.
In Zeiten von Inflationsunsicherheiten
Ein(e) Anleger(in) hat verschiedene Möglichkeiten, um auf die derzeitige Inflationsumgebung zu reagieren. Mit der Wahl von Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen, könnte das aktuelle Inflationsumfeld in einem gewissen Mass gebändigt werden. Die Preissetzungsmacht ermöglicht es Unternehmen, höhere Produktions- und Rohstoffkosten durch höhere Produktpreise an die Endkunden zu transferieren. Höhere Lohnkosten und Rohstoffpreise können höhere Kosten verursachen. Um die Profitabilität trotzdem gewährleisten zu können, kann das Unternehmen die Preise erhöhen. Für den Vontobel Inflation Influenced Index verfügen Unternehmen über Preissetzungsmacht, wenn sie mehr als 50% ihres Umsatzes als Marktführer in einem Bereich mit wenig Wettbewerb erwirtschaften. Eine starke Marke ist auch ein Merkmal, dass Kunden eine Präferenz für eine Marke besitzen und nicht unbedingt auf eine Alternative umsteigen möchten.
Ausserdem verhält sich die Inflation nicht in allen Regionen oder Ländern gleich. So kann die Wahl verschiedener Regionen oder Länder die Abhängigkeit reduzieren und das Universum an geeigneten Unternehmen erweitern.
Vontobel Inflation Influenced Index
Für Anleger(innen) bietet der Vontobel Inflation Influenced Index eine interessante Anlagemöglichkeit in einem Inflationsszenario. Ziel der Strategie ist es, durch die Auswahl von Aktien und Rohstoff-ETFs nach Inflationssignalen einen Schutz in einem inflationären Umfeld zu bieten. Dabei kann sich die Zusammensetzung zwischen Aktien und Rohstoff-ETFs verändern, was dem Index einen dynamischen Charakter verleiht.
Der Funktionsweise des Index baut auf drei möglichen Inflationsszenarien auf: niedrige Inflation, regionale Inflation und globale Inflation. Bei niedriger Inflation wird auf Aktien gesetzt. Dabei werden Unternehmen ausgewählt, die über hohe Marktanteile und eine Preissetzungsmacht verfügen. Dabei ist die Aktienauswahl nach Ländern und Regionen vorbestimmt: USA (60%), Eurozone (15%), Japan (15%) und die Schweiz (10%). Beim Szenario der regionalen Inflation wird der Aktienanteil einer Region oder eines Landes mit einer höheren Inflation reduziert. Gleichzeitig werden Regionen oder Länder mit niedrigerer Inflation höher gewichtet. Wenn in mehr als einem Land eine höhere Inflation herrscht, wird das Szenario globale Inflation angewendet. Dabei wird die Gewichtung von Aktien auf 80% reduziert, und mit den verbleibenden 20% wird über ETFs ein Rohstoff-Portfolio abgebildet. Für die Verwaltung des Index fällt eine Gebühr von 1.25% p.a. an. Da der Index in US-Dollar berechnet wird besteht ein Fremdwährungsrisiko für Anleger in einer abweichenden Produktwährung.