Der letzte Öltropfen für Rohstoffunternehmen?
Fossile Brennstoffe haben den Rohstoffhändlern während der Corona-Pandemie beachtliche Gewinne eingefahren. Dazu beigetragen hat besonders das Öl-Geschäft, indem die Händler das Auf und Ab der Märkte erfolgreich nutzen konnten. Der Ölpreis hat sich seitdem erholt, jedoch prüfen Händler ihre langfristigen Strategien. Dies ist angesichts der weltweiten Bemühungen, die Abhängigkeit von diesen Brennstoffen zu reduzieren und durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen, nötig. Rohstoffunternehmen investieren heute schon in erneuerbare Energien und positionieren sich in schnell wachsenden Märkten wie zum Beispiel dem Emissionshandel (oder «Carbon Trading»).
Volatile Märkte im Pandemiejahr
Das letzte Jahr war für die Ölhändler speziell. Zu Beginn der Corona Pandemie sank die Nachfrage nach Öl drastisch, da die Unsicherheiten über den weiteren Verlauf und die Reaktionen der verschiedenen Länder eine sichere Planung nicht möglich machten. Zusätzlich belastete ein Preisstreit zwischen den Erdölproduzenten Russland und Saudi-Arabien den Ölmarkt weiter. Mitte April 2020 wirkten sich diese Faktoren so stark auf den Ölpreis aus, dass dieser vorübergehend im Terminmarkt sogar negativ wurde. Ein Käufer musste nicht wie gewohnt im Terminmarkt für einen Öl-Kontrakt zahlen, sondern wurde für einen Kauf entschädigt. Seitdem hat sich der Ölpreis erholt, und die Werte vor der Pandemie wurden bereits wieder eingeholt. Rohstoffhändler, die die starken Schwankungen der Ölpreise ausstehen konnten, durften zuletzt hohe Gewinne einfahren.
Investitionen in neue Märkte
Angesichts der Bestrebungen, in der Zukunft weg von den fossilen Brennstoffen zu kommen, stellt sich die Frage, wie sich dies auf das Gebiet der Rohstoffhändler auswirken könnte, da der Öl-Handel doch ein wichtiger Bestandteil ihres Geschäfts ausmacht. Interessanterweise sehen diese Unternehmen den Wechsel zu sauberen Energieformen als Chance. Führende Rohstoffhändler investieren schon heute in erneuerbare Energien und wollen sich in schnell wachsenden Märkten wie dem Carbon Trading (CO2-Emissionshandel) eine gute Ausgangslage sichern. Dabei möchten sie eine wichtige Rolle in den Bereichen Wind, Wasserstoff und Solar einnehmen. Das traditionell wichtige Öl-Geschäft soll dabei weiterhin Bestandteil der Strategie sein, da sie eine Angebotsverknappung in der nächsten Dekade nicht ausschliessen und Öl in absehbarer Zeit trotzdem eine wichtige Energiequelle bleibt. Diese duale Strategie begründen die Unternehmen damit, dass eine Energiewende zu grüner Energie und zunehmender Elektrifizierung nicht aus dem Nichts kommen kann und die bestehenden Mittel zu diesem Wandel beitragen.
Carbon Trading resultiert aus den Bemühungen, schädliche Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2) in einer monetären Einheit preisen zu können. Ein solcher Markt stellt das EU Emissionshandelssystem (EU-EHS) dar. Es wird eine Obergrenze (Cap) für die Gesamtmenge an ausgestossenen Treibhausgasen gesetzt. Die Obergrenze wird mit der Zeit verringert, um die Gesamtemissionen zu reduzieren. Unternehmen bekommen eine bestimmte Anzahl an «Credits» (Guthaben in Form von sog. Emissionszertifikaten) und können diese selbst nutzen, verkaufen oder zusätzlich zukaufen, um ihren tatsächlichen Bedarf abzudecken. Unternehmen, die viele Treibhausgase ausstossen, haben hiermit eine Möglichkeit, ihre Bilanz zu verbessern. Unternehmen mit einer positiven Bilanz können ihre Credits auf dem Markt verkaufen und damit zusätzliche Erträge erwirtschaften. Kann ein Unternehmen seine Emissionen nicht decken, drohen hohe Geldstrafen. Betroffen sind energieintensive Industriezweige wie Ölraffinieren und Stahlwerke, Strom- und Wärmeerzeugung, sowie die gewerbliche Luftfahrt innerhalb des europäischen Luftraums.
Doch die Ambitionen, neue Märkte zu erschliessen, bergen auch Risiken. Diese Geschäftsbereiche sind hart umkämpft und bringen deutlich geringere Ertragsaussichten mit sich. Im Gegensatz zum Öl-Geschäft, nimmt der Transport keine wichtige Rolle ein, was die Abläufe vereinfacht. Weiter sind diese Märkte von Unsicherheiten geprägt, da hohe Investitionen erforderlich sind und es ein breiteres Angebot an möglichen Produktionsstätten gibt.
Elektromobilität
Ein bereits existierendes Standbein der Händler stellen die Metalle dar. Rohstoffhändler sind hier positioniert und könnten von der globalen Nachfrage profitieren. Die zunehmende Verbreitung der Elektromobilität treibt die Nachfrage nach Metallen in die Höhe. Lithium, Kobalt und Nickel sind nur einige der benötigten Metalle für die Produktion dieser Fahrzeuge. Für Autohersteller wird es zunehmend wichtiger, möglichst optimale Voraussetzungen für den Zugang zu den benötigten Metallen zu schaffen. Mit stark steigenden Absätzen sehen sich die Hersteller gezwungen, genügend Ressourcen für die Zukunft zu mobilisieren. Beispielsweise hat Tesla 2020 mit Glencore einen Vertrag abgeschlossen, um jährlich bis zu 6000 Tonnen Kobalt zu erhalten. Dies zeigt auf, wie die Verfügbarkeit von Rohstoffen für Unternehmen an Bedeutung gewinnt. Daher können Verträge direkt mit den handelnden Unternehmen abgeschlossen werden, um sich für die Zukunft zu wappnen.
Es bleibt interessant zu sehen, wie sich die Investitionen in erneuerbare Energien auszahlen. Es wird sich auch zeigen, wie rentabel der neue Geschäftszweig mit dem Carbon Trading ist. Die Rohstoffhändler haben ihre Strategie zeitgemäss neugestaltet, wobei sie ihr traditionelles Öl- Geschäft weiterhin fortführen. Im Hinblick auf die steigende Nachfrage nach Elektromobilität könnten die Händler von ihrer Positionierung im Bereich der Metalle profitieren.
Unsicherheiten in den historisch betrachtet zyklischen Rohstoffmärkten mit fallenden und steigenden Preisen und einer Vielzahl von Marktteilnehmern mit unterschiedlichen Interessen bleiben bestehen. Auch ist zu berücksichtigen, dass aus der Entwicklung in der Vergangenheit keine verlässlichen Schlüsse im Hinblick auf zukünftige Ergebnisse gezogen werden können.