Als weltgrösster Ölimporteur hat China einen erheblichen Einfluss auf den globalen Ölmarkt. Der jüngste Rückgang der chinesischen Ölimporte - der erste jährliche Rückgang seit über zwei Jahrzehnten - ist auf Faktoren wie die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen und eine Immobilienkrise zurückzuführen, die die Dieselnachfrage beeinträchtigt. Diese Veränderungen sowie die Dynamik der Geopolitik und des Marktes verdeutlichen die Komplexität des Ölmarktes.
China ist der grösste Nettoimporteur von Öl
Chinas Ölnachfrage ist für den Weltmarkt von grosser Bedeutung, denn das Land ist der größte Ölimporteur der Welt. Entwicklungen in China helfen daher zu verstehen, wohin sich der Markt bewegen könnte. Im November/Dezember 2024 gingen die Ölimporte Chinas zurück, was, abgesehen von den Pandemiejahren, den ersten jährlichen Rückgang seit mehr als zwei Jahrzehnten darstellt. Der Grund für die niedrige Nachfrage ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, unter anderem eine zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen, die zu einem Rückgang der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen führt, sowie auf die anhaltende Immobilienkrise, die sich auf den Dieselverbrauch im Land auswirkt.
Diese Umstände führen zu einer sogenannten Backwardation in der Marktstruktur des Öls, was bedeutet, dass die aktuellen, auf Terminkontrakten basierenden Ölpreise höher sind als zukünftige Preise. Dies deutet auf einen angespannten Markt hin, auf dem die aktuelle Nachfrage das aktuelle Angebot übersteigt. Daraus lässt sich schliessen, dass Anleger bereit sind, mehr für sofortige als für zukünftige Lieferungen zu zahlen, was auf niedrige Lagerbestände oder eine höhere Nachfrage hindeuten kann.
Geopolitische Faktoren im Fokus
Darüber hinaus können sich geopolitische Spannungen aufgrund der geografischen Lage vieler Ölproduzenten direkt auf den Ölpreis auswirken. Während Marktteilnehmer nach dem Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas einen Preisrückgang erwarteten, ist dieser zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in vollem Umfang eingetreten. Gründe könnten zum einen in Befürchtungen vor einem Scheitern des Abkommens oder einem Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Israel und dem Iran liegen.
Abgesehen der negativen Auswirkungen, die eine solche Eskalation mit sich bringen würde, ist der Iran ein wichtiger Öllieferant, so dass sich eine Störung in der Lieferkette direkt auf die Preise auswirken könnte. Nach Angaben von Bloomberg könnten solche Störungen die weltweite Ölproduktion um bis zu 1 Million Barrel pro Tag verringern und die Preise auf über 150 Dollar pro Barrel steigen lassen.
Die Rolle der Vereinigten Staaten
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Amt des US-Präsidenten tauchen zunehmend Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Ukrainekriegs auf.
Donald Trumps ursprünglicher Plan, noch vor seinem Amtsantritt den Konflikt beizulegen, ist nicht in Erfüllung gegangen. Vielleicht mag dies nicht überrascht haben, dennoch hat der neue US-Präsident Russland bereits ein zum Kriegsende aufforderndes Ultimatum gestellt. Die globalen und humanitären Auswirkungen liegen auf der Hand, aber sie wirken sich auch indirekt auf den Ölpreis aus.
Bei einem nichteinlenken Russlands und einer Kriegsfortführung könnte neben weiteren Sanktionen eine weitere Ausweitung der Ölförderung der Vereinigten Staaten sein, welche das Ölangebot weiter erhöhen und so den Ölpreis und die Einnahmen Russlands zur Finanzierung des Krieges zu senken könnte. Zusammen mit der OPEC, der Organisation ölexportierender Länder, die schätzungsweise über freie Kapazitäten von rund 5 Millionen Barrel pro Tag verfügt, könnte eine solche Strategie durchaus plausibel wirken.
Der globale Erdölmarkt steht am Scheideweg und sieht sich mit Herausforderungen durch veränderte Nachfragemuster, geopolitische Spannungen und politischen Unsicherheiten konfrontiert. Während die gegebene Marktstruktur sowie potenzielle Versorgungsunterbrechungen auf eine Verschärfung der Bedingungen und steigende Preise hindeuten, bleibt die Zukunft unvorhersehbar. Faktoren wie die sich entwickelnde Energielandschaft Chinas, die geopolitischen Auswirkungen von Konflikten und strategische Entscheidungen von Schlüsselakteuren wie den USA und der OPEC könnten die Entwicklung der Ölpreise in nächster Zeit beeinflussen. In Anbetracht der vielen Faktoren, die den Ölpreis beeinflussen, ist die Zukunft ungewiss, aber sie dürfte sowohl für kurzfristige als auch für langfristige Anleger Chancen bieten.