Bewölkter Himmel über Meyer Burger
Der Aktienkurs des Solarmodulherstellers mit Hauptsitz in Thun (Schweiz) befindet sich seit Mitte Juli 2023 in einem anhaltenden Abwärtstrend. Nun hat das Unternehmen eine Aktienzusammenlegung angekündigt, bei welcher jeweils 750 Aktientitel zu einem einzigen neuen Titel zusammengelegt würden. Begründet wird dies vom Verwaltungsrat der Meyer Burger damit, dass diese Massnahme den Aktientitel für einen breiteren Anlegerkries attraktiver erscheinen lassen würde.
Was ist eine Aktienzusammenlegung und wie funktioniert sie?
Bei einer Aktienzusammenlegung (auf Englisch: Reverse Stock Split) wird eine definierte Anzahl Aktien zu einer neuen, geringeren Anzahl zusammengefasst. Diese Massnahme dient häufig einer optischen Anpassung des Aktienkurses eines Unternehmens, wenn der Aktienkurs eines Titels als zu niedrig erachtet wird. Es kann auch vorkommen, dass beispielsweise institutionelle Investoren Richtlinien befolgen müssen, die Anlagen in Aktientitel, welche unter einer definierten Schwelle notieren, untersagen.
Durch eine Aktienzusammenlegung steigt der Nennwert einer einzelnen Aktie des betroffenen Unternehmens. Dabei muss man beachten, dass eine Aktienzusammenlegung keinen Einfluss auf den Marktwert aller Aktien des Unternehmens hat. Der Grund dahinter ist, dass die Gesamtanzahl der ausstehenden Aktien um dasselbe Verhältnis sinkt, um welches der Aktienkurs eines Titels unmittelbar nach der Durchführung der Zusammenlegung gestiegen ist.
Eine Aktienzusammenlegung ist eine sogenannte Kapitalmassnahme (gängiger ist der englische Begriff Corporate Action). Corporate Actions sind vom Vorstand eines Unternehmens getroffene Entscheide, die sich auf die Kapitalstruktur eines Unternehmens auswirken können. Neben Aktienzusammenlegungen gehören beispielsweise auch die soeben erwähnten Aktiensplits, Dividendenausschüttungen, Fusionen und Übernahmen sowie Bezugsrechtsausgaben den Corporate Actions an.
Auswirkungen der Aktienzusammenlegung auf ausstehende Strukturierte Produkte
Da der Marktwert einer Unternehmung bei einer Aktienzusammenlegung nicht beeinflusst wird, gilt dasselbe Prinzip auch für die Bewertung von Finanzprodukten, welche den betroffenen Aktientitel als Basiswert haben. Die relevanten Parameterzahlen, welche solchen Finanzprodukten zugrundeliegen und einen Bezug zum Aktienkurs haben, werden um den Faktor der Zusammenlegung angepasst. Dabei ändert sich nichts am prozentualen Verhältnis der betroffenen Parameter zueinander.
Der gängigere Aktiensplit – das Gegenteil
Der Aktiensplit (auf Englisch Stock Split), bei welchem der gleiche Prozess mit der genau umgekehrten Wirkung stattfindet, ist besser bekannt. Dabei wird ein einzelner Aktientitel in mehrere neue Aktientitel aufgeteilt, welche neu zu einem tieferen Kurs notieren. So hatten in den letzten Jahren beispielsweise die Überflieger-Aktien Tesla (im August 2022) und NVIDIA (im Juni 2024) solche Aufteilungen durchgeführt, nachdem deren Kurse in Höhen aufgestiegen sind, die sie für viele Kleininvestoren weniger ansprechend gemacht haben. Mehr zu Aktiensplits und deren Funktionsweise finden Sie hier.
Theoretisches Beispiel einer Aktienzusammenlegung
Betrachten wir das Beispiel einer beliebigen Firma Muster AG und gehen zunächst davon aus, dass der Kurs einer Muster AG-Aktie zum 2. Dezember 2024 zu 5 Franken pro Aktie handelt. Nun beschliesst das Unternehmen, eine 4:1 Aktienzusammenlegung per Börseneröffnung am 9. Dezember 2024 durchzuführen.
Wenn wir zur Vereinfachung dieses Beispiels davon ausgehen, dass sich der Aktienkurs der Muster AG in der Zwischenzeit nicht verändert hat und per Handelsschluss des letzten Börsenhandelstages vor dem 9. Dezember 2024 nach wie vor bei 5 Franken pro Aktie notiert, wird bei Eröffnung der Börse am 9. Dezember 2024 eine Aktie der Muster AG neu zu 20 Franken (anstatt vorher 5 Franken) handeln.
Für Anleger bedeutet dies folgendes: Auch wenn sich optisch gesehen der Kurs einer Aktie erhöht hat (in unserem Beispiel vervierfacht), so hat diese Massnahme jedoch keine Auswirkung auf die Bewertung des Unternehmens und dessen Marktkapitalisierung, also den Gesamtwert aller ausstehenden Aktien, der sich durch eine simple Multiplikation der ausstehenden Aktien mit dem Aktienkurs berechnen lässt. Dies ist so, da durch die Zusammenlegung der Aktien die Gesamtanzahl ausstehender Aktien reduziert wurde.
Investoren, die in unserem Beispiel eine weniger als durch vier teilbare Anzahl Aktien der Muster AG halten, würden nach der Zusammenlegung einen Bruchteil einer neuen Muster AG-Aktie in ihrem Depot vorfinden. Alle anderen Investoren, die vier oder mehr Aktien der Muster AG halten, würden neu eine durch vier geteilte Anzahl der vor der Zusammenlegung gehaltenen Anzahl Aktien im Depot halten.
Somit würde sich auch das in die Muster AG angelegte Gesamtvermögen des Portfolios eines Investors nicht verändern.
Weshalb hat sich Meyer Burger für eine Aktienzusammenlegung entschieden?
Lassen wir nun das Beispiel der Muster AG hinter uns und kehren wir zur Meyer Burger zurück, die per 1. Juli 2024 eine Aktienzusammenlegung von 750:1 durchgeführt hat, also eine Zusammenlegung von 750 alten Aktien zu einer neuen.
Begründet wird dieser Schritt vom Verwaltungsrat damit, dass die Aktie der Meyer Burger aufgrund ihres geringen Kurses unattraktiv auf bestimmte Anlegergruppen geworden war. So kann für Investoren ein Aktienkurs, der unter der kleinsten Einheit der Landeswährung notiert unattraktiv wirken und es können Bedenken bezüglich der finanziellen Verfassung des Unternehmens aufkommen. Der Verwaltungsrat will durch diesen Schritt also die Aktie für einen breiteren Anlegerkreis attraktiver erscheinen lassen.
Wie steht es um das Geschäft von Meyer Burger?
Eine Aktienzusammenlegung wirft oftmals Fragen auf. Die Aktie des Solarmodulherstellers mit Hauptsitz in Gwatt (Schweiz) hatte in den letzten Monaten einen schwierigen Stand. Die dreijährige Kurzrallye, die im März 2020 begann, endete im Juli 2023 mit dem Beginn eines nun über ein Jahr andauernden Abwärtstrends, infolgedessen der Kurs über 90 Prozent an Wert einbüssen musste. Getrieben wurde dieser Einbruch durch ein Überangebot von in China hergestellten Solarzellenmodulen, die zu weitaus tieferen Preisen als ihre europäischen Konkurrenzprodukte vertrieben werden.
So musste die Meyer Burger im Januar 2024 erneut enttäuschende Jahreszahlen präsentieren. Das operative Ergebnis lag bereits das vierte Mal in Folge im negativen Bereich, diesmal rund 130 Millionen Schweizer Franken mehr als im Vorjahr.
Dazu kommt, dass dringend benötigte Subventionszahlungen des deutschen Staates, von denen die Meyer Burger im Rahmen eines Förderprogramms für die Unterstützung der heimischen Solarindustrie profitiert hätte, aufgrund politischer Uneinigkeit womöglich für lange Zeit auf Eis gelegt wurden. Das Unternehmen verweist im Geschäftsbericht des letzten Jahres auch darauf, dass solche Massnahmen dringend benötigt gewesen wären, um gerechte Marktbedingungen herzustellen. Auch anderen europäischen Herstellern hätten solche Unterstützungsmassnahmen ermöglicht, wieder Wettbewerbsfähiger zu werden.
Kriegt Meyer Burger die Wende hin?
Meyer Burger steht unter Druck. Das Unternehmen befindet sich in einem äusserst schwierigen Marktumfeld, in dem die meisten europäischen Photovoltaikproduzenten ums Überleben kämpfen müssen. Die geplante Neuorientierung der Produktion könnte für Meyer Burger nun ein Lichtblick am Ende des Tunnels sein. Die Aussicht auf Geschäftsmöglichkeiten mit US-Amerikanischen Grosskunden hat den Solarmodulhersteller dazu bewegt, eine neue Produktionsstätte für Solarzellen in den USA zu eröffnen, nachdem der bisherige Produktionsstandort in Deutschland zu Beginn dieses Jahres geschlossen wurde. Übrig bleibt noch ein Standort zur Fertigung von Solarzellen in Thalheim. Jedoch plant das Unternehmen, auch diesen Fertigungsschritt in die USA zu verlagern. Vieles steht aber noch offen; das Unternehmen hofft neben weiteren Aufträgen von Grosskunden auch auf staatliche Förderprogramme, die unter dem aktuellen US-Präsidenten Joe Biden konzipiert wurden. Bei den anstehenden US-Präsidentschaftswahlen könnte ein Sieg des Kandidaten der Republikanischen Partei, Donald Trump, Unsicherheiten bezüglich der Weiterführung ebenerwähnter Programme mit sich bringen. Vieles wird davon abhängen, ob der Transfer der Produktion in die Vereinigten Staaten gelingen wird und das Unternehmen in absehbarer Zukunft wieder profitabel werden kann.