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Fährt die Konkurrenz aus Fernost im Elektroauto-Segment davon?

Vontobel Markets
10. Juni 2024 | 3 Minuten

Die erfolgsverwöhnten deutschen Autobauer fürchten zunehmend die Konkurrenz aus Fernost. Vor allem im unteren Preissegment und für die kurzen Reichweiten scheinen chinesische Autohersteller aktuell einen Kostenvorsprung zu geniessen. Der deutsche Automobilkonzern Volkswagen kündigte Massnahmen an und möchte mit bezahlbaren Einsteigermodellen für die Elektromobilität aufwarten. Die Weltpremiere ist für 2027 angesetzt.

Markt für Elektroautos wächst rasant in China

Experteneinschätzungen zu Folge ist der chinesische Automobilmarkt längst der Grösste Automarkt der Welt mit Blick auf die Anzahl verkaufter Modelle. Laut dem Branchenverband PCA (China Passenger Car Association) kletterte das Wachstum im Gesamtjahr 2023 um 6 Prozent auf 21.7 Millionen verkaufte Modelle. Aber auch in Sachen Innovation scheint Fernost die Nase aktuell bei den E-Autos vorn zu haben. Aufgrund der hohen Bevölkerungsanzahl verfügt China perspektivisch über eine Mittelschicht von mehr als 800 Millionen Menschen. Entsprechend kann der chinesische Binnenmarkt für Elektroautos eine grosse Absatzmenge an E-Autos vertragen. Dabei richten sich die chinesischen Hersteller nicht nur im Design an ihre inländischen Kunden. Für die dicht besiedelte, städtische Infrastruktur in zahlreichen Grossstädten sind kompakte Autos mit kurzer Reichweite, die zusätzlich noch preiswert zu haben sind, das richtige Fortbewegungsmittel für viele Menschen.

Der chinesische Marktführer BYD Auto Company, oder kurz BYD, konnte mit seinem starken Wachstum im vierten Quartal des letzten Jahres den Branchenprimus Tesla überholen. Schon jetzt setzt der in Shenzhen basierte Automobilhersteller kombiniert mit knapp 2,8 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2023 insgesamt mehr Elektroautos (Batterie sowie Plug-In-Hydrid) um, als der E-Auto-Pionier Tesla. Wenngleich angemerkt werden muss, dass Tesla ausschliesslich batteriebetriebene Elektroautos verkauft. Die namhaften europäischen Autohersteller wie BMW, Volkswagen, Mercedes und Audi haben von den globalen Absatzzahlen her im Vergleich zur chinesischen Konkurrenz an Boden verloren. Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur und bedürfen grosser Anstrengungen, um den Rückstand wieder aufholen zu können.  

Strategische Vorteile chinesischer Autobauer

Bei der Batterieherstellung sowie dafür notwendigen Komponenten sind für die Automobilhersteller mehrere Faktoren entscheidend: einer davon ist der Zugang zu den kritischen Rohstoffen (seltene Erden wie zum Beispiel Lithium). Des Weiteren muss die Fahrzeugentwicklung sowie -herstellung möglichst kosteneffizient erfolgen, damit der Fahrzeugpreis im Vergleich zu den aktuell noch günstigeren Verbrennungsmotoren nicht zu gross wird und das Auto erschwinglich bleibt. Gemäss einer Analyse des Deutsche Automobil-Clubs, kurz ADAC, sind die Gesamtkosten eines Fahrzeugwechsels für die Konsumenten ausschlaggebend. Für einen erfolgreichen Kaufentscheid für ein Elektroauto müssen alle Kosten berücksichtigt werden: Anschaffungspreis, Betriebs- und Wartungsaufwand sowie der Wertverlust der Fahrzeuge. Je nach Modell und Hersteller liegen manche Elektroautos vorn, häufig aber immer noch das vergleichbare Benzin oder Diesel-Modell.

Chinesische Autobauer haben einen signifikanten Vorteil gegenüber ihren europäischen Peers sowohl in Bezug auf die Skalierung des Herstellungsprozesses als auch bei den Kosten. Die chinesische Regierung hat den grossen Binnenmarkt für Elektroautos stark subventioniert, wodurch inländische Autohersteller Elektroautos zu tieferen Kosten entwickeln und produzieren können. Ein weiterer kompetitiver Vorteil ist der gesicherte Zugang zum grossen, inländischen Lithiumangebot, einer der kritischen Komponenten für die Herstellung der für E-Autos benötigten Batterien. Ausserdem produzieren die chinesischen Hersteller Elektroautos mit geringen Reichweiten, die besonders populär und geeignet sind für Chinas dicht besiedelten, städtischen Gebiete.

Wo stehen die deutschen Autohersteller im Vergleich?

Führende, deutsche Autobauer wie BMW, Volkswagen oder Mercedes sind international bekannt für die Qualität ihrer Fahrzeuge und haben lange von ihrer starken Markenwahrnehmung auf der Welt profitiert. Der Fokus der europäischen Autobauer lag allerdings lange eher auf möglichst grossen Reichweiten. Aber auch bei Fragen rund um die Batterie- sowie Ladeinfrastruktur und dem autonomen Fahren verloren die europäischen Autobauer gegenüber der Konkurrenz an Momentum. Dadurch sind die europäischen Autobauer aktuell eher im höherpreisigen Elektroauto-Segment vertreten, bei dem Kunden tendenziell weniger preissensitiv zu sein scheinen und der Fokus mehr auf Performance und zusätzlichen Features liegt. Allerdings verlieren die Europäischen Autohersteller zunehmend an Anschluss im günstigeren Einstiegssegment.

Die Kostenvorteile chinesischer Autohersteller bereiten den europäischen Giganten zunehmend Schwierigkeiten. Immer mehr chinesische Hersteller wie BYD oder Great Wall Motor drängen nach Europa. Bis spätestens 2026 rechnen Experten damit, dass China deutlich mehr Elektrofahrzeuge nach Europa exportierten wird.  Mit modernsten Produktionsmethoden und Software können chinesische Hersteller ihre Fahrzeuge um circa 30 Prozent schneller entwickeln als die Konkurrenz. Aktuell scheint die Kommunikation zwischen der EU und China rund um das Elektroauto zusätzlich angespannt. Grund dafür sind die gestarteten Untersuchungen seitens der EU gegen einige chinesische Autohersteller sowie potenzielle Strafzölle auf chinesische Elektroautos. Gegenstand der Untersuchungen sind die mittels Subventionen potenziell verschafften Wettbewerbsvorteile.

Ausblick

Das Wachstum im Elektroautosegment ist stark davon abhängig, wie sich die Gesamtkosten für die Elektroautos perspektivisch entwickeln. Im Einstiegssegement scheinen chinesische Automobilhersteller aktuell Skalen- und Kostenvorteile zu haben. Die namhaften deutschen Hersteller scheinen hier Nachholbedarf zu haben. Prognosen zu Folge sollten die Absatzzahlen von Elektroautos bis 2035 weiter steigen, weswegen dieser Markt für die Autoindustrie insgesamt von grosser Bedeutung sein könnte.

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