Der Kampf gegen die Krankheit des Vergessens
Die Alzheimer Demenz gehört neben der vaskulären Demenz (die Blutgefässe betreffend) zu den häufigsten Formen von Demenz-Erkrankungen. Die meist langsam fortschreitende Hirn-erkrankung führt bei betroffenen Personen zu Gedächtnisverlust, Verwirrtheit und Desorientierung. Alzheimer ist aktuell zwar noch nicht heilbar, doch einige Pharmaunternehmen arbeiten bereits an vielversprechenden Wirkstoffen, die einer Linderung der Beschwerden beziehungsweise einer Verlangsamung des Leistungsabbaus des Gehirns dienen könnten.
Warum vergisst der Mensch?
Bevor die Ursachen des Vergessens näher betrachtet werden können, ist es wichtig zu verstehen, dass der Mensch über verschiedene Arten von Gedächtnis verfügt. Persönliche Erinnerungen an einzelne Ereignisse oder Erlebnisse nennen Forscher das episodische Gedächtnis. Charakteristisch für diese Art der Erinnerung sind der klare räumliche und zeitliche Bezug. Beim semantischen Gedächtnis hingegen ist das anders. Es umfasst das gesamte Faktenwissen, das ein Mensch im Laufe seines Lebens anhäuft. Langzeiterinnerungen werden vor allem in der Grosshirnrinde (Cortex) gespeichert. Für die Speicherung neuer episodischer Informationen ist jedoch der Hippocampus von entscheidender Bedeutung. Frische Erinnerungen werden zunächst im Hippocampus abgelegt und dann in konsolidierter Form in den Cortex überschrieben.
Der Mensch vergisst über die Zeit hinweg kontinuierlich, wobei Geschwindigkeit und Umfang des Vergessens von vielen Faktoren abhängig sind, u. a. vom Interesse, von der Emotionalität der Erinnerung und Wichtigkeit der Information. Menschen mit einer Schädigung des Hippocampus hingegen verlieren die Fähigkeit Gedächtnisinhalte in bleibende Erinnerungen zu überführen. Allgemein existieren verschiedene Theorien über die genaue Funktionsweise des Vergessens. Eine Theorie geht beispielsweise davon aus, dass wir im Laufe der Zeit vor allem die Details der vergangenen Geschehnisse vergessen was nach und nach zu einem Verblassen der eigentlichen Erinnerung führt. Das Verblassen rührt daher, dass unser Gedächtnis auf Netzwerke im Gehirn verteilt ist, die miteinander kommunizieren. Letztlich ist allerdings nicht genau bekannt, wie wir vergessen.
Das Risiko zu Erkranken
Die Alterspyramide des Bundesamts für Statistik zeigt deutlich, dass der Anteil der älteren Personen in der Schweiz steigt. Dies aufgrund tiefer Geburtenraten und allgemein steigender Lebenserwartung. Mit einer zunehmend alternden Bevölkerung steigt auch das Risiko an einer Form der Demenz zu erkranken. Die Erkrankung beginnt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in der Regel jenseits des 60. Lebensjahres. 2019 lebten 154 700 Menschen mit Demenz in der Schweiz. Jährlich erkranken 29 500 Personen an der Krankheit, dass würde bedeuten, dass es alle 18 Minuten zu einer Neuerkrankung kommt. Zu 65 Prozent sind Frauen betroffen. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) werden bis 2040 voraussichtlich 300 000 Menschen in der Schweiz an Demenz erkranken. Mit neurologischen Tests lässt sich eine Demenz zuverlässig von einer normalen Altersgedächtnisstörung unterscheiden. Bei Verdacht auf eine Demenz-Erkrankung wird in der Regel eine Magnetresonanz-tomographie des Hirns durchgeführt. Auf diese Weise kann eine Abnahme des Hirnvolumens festgestellt werden. Zudem hilft die Untersuchung, eine vaskuläre Demenz von einer Alzheimer Demenz zu unterscheiden. Bis zum Jahr 2030 rechnet die WHO weltweit damit, dass mehr als 65 Millionen Menschen an Demenz erkranken werden. Die WHO-Studie bestätigt ferner, dass die Pflege von Demenzkranken immer höhere Kosten verursacht. Weltweit werden sie bereits auf jährlich 460 Milliarden Euro geschätzt.
Die Krankheit und Ihre Ursachen
Benannt ist die Alzheimer-Demenz nach dem deutschen Arzt und Psychiater Alois Alzheimer, der die Symptome der Krankheit erstmals 1907 beschrieben hat. Nach dem Tod einer demenzkranken Patientin führte er mikroskopische Untersuchungen an ihrem Hirn durch und entdeckte dabei zwei Arten von Hirnschädigungen: Senile Plaques und Neurofibrillenbündel. Daraus schloss er auf eine «seltsame» Krankheit der Hirnrinde.
Mehr als 100 Jahre später ist die Forschung dank moderner wissenschaftlicher Methoden dem Verständnis der Krankheit einen Schritt nähergekommen. In der Forschung allgemein anerkannt ist die Erkenntnis, dass das Hirn aus Neuronen besteht, die netzwerkartig miteinander verbunden sind. Diese Verbindungen heissen Synapsen und ermöglichen die Übermittlung von Informationen von einer Nervenzelle zur anderen.
Im dem von Alzheimer-Patienten veränderten Hirn sterben nach und nach Nervenzellen und deren Verbindungen untereinander ab. Grund dafür sind die sogenannten Beta-Amyloid-Proteine die zu unlöslichen Plaques verklumpen und die die Energie- und Sauerstoffversorgung des Gehirns hemmen. Der Grund warum sich diese Eiweissablagerungen im Hirn bilden ist bis heute nicht wissenschaftlich geklärt. Der Nachweis der Amyloid-Ablagerungen ist in der Regel erst nach dem Tod, bei einer Untersuchung des Hirns möglich. Zurzeit wird aber intensiv nach Möglichkeiten geforscht, das veränderte Beta-Amyloid in der Hirnflüssigkeit (Liquor) oder auch im Blut nachzuweisen.
Wenn eine Nervenzelle mit einer anderen kommuniziert läuft ein elektrisches Signal vom Zellkörper zur Synapse. Das Signal durchläuft ein Axon (Fortsatz einer Nervenzelle) dessen Struktur durch ein Zytoskelett aus Mikrotubuli (röhrenförmige Proteinkomplexe) aufrechterhalten wird. Diese Mikrotubuli wiederrum bleiben durch das «Tau-Protein» stabil. Bei der Alzheimer-Krankheit ist das Tau-Protein chemisch verändert und wird fehlerhaft. Als Folge zerfällt das Zytoskelett der Zelle und die Neuronen degenerieren. Die Anzahl Synapsen verringert sich und die Verbindungen zwischen Ihnen gehen verloren. Durch die abnorme Ansammlung von Tau-Protein in der Nervenzelle entstehen Fibrillen. Diese führen schlussendlich zum Absterben des Neurons. Tau-Fibrillen und Senile Plaques bilden sich nicht gleichzeitig in den gleichen Hirnarealen und auch der zeitliche Ablauf ist unterschiedlich. In der Alzheimer-Forschung sind immer noch viele Fragen offen, aber Alzheimer kann sich nur bilden, wenn beide Schädigungen vorliegen.
Da die Alzheimer-Demenz aktuell noch nicht heilbar ist, stehen im Vordergrund der Behandlung die Linderung der Beschwerden und die Verlangsamung des Leistungsabbaus im Gehirn. Im Rahmen der Untersuchung der Forschungserfolge werden Alzheimer-Medikamente in klinischen Studien erprobt. Ein Medikament ist in der EU im Zulassungsverfahren, 17 weitere Medikamente, die das Dement-Werden verlangsamen oder verhindern sollen, haben das letzte Stadium der Erprobung (Phase III) erreicht. Wenn sich diese Daten in den Studien bewähren, können sie in den kommenden Jahren die Zulassung erlangen. Vor einer möglichen Zulassung stehen Firmen, die aktuell über einen Alzheimer-Wirkstoff in der klinischen Studie Phase III verfügen.
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