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Die Stunde der Grundstoffhersteller

26. Apr. 2021 | 3 Minuten

Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise waren bei Anlegern sogenannte «Stay-at-Home»-Aktien besonders beliebt. Impfprogramme und die Aussicht auf eine wirtschaftliche Erholung haben konjunktursensitiven Werten neuen Schwung verliehen. Unter ihnen könnten vor allem die Hersteller von Grundstoffen von einem Konjunkturaufschwung profitieren.

Konjunkturerholung in Sicht

Zu dem Bereich Grundstoffe werden an den Börsen vor allem Chemieunternehmen, die metallverarbeitende In­dustrie sowie Minenkonzerne gezählt. An der Wall Street heisst das entsprechende Börsensegment «Materials». Die Grundstoffhersteller gehören nicht nur zu den kon­junktursensitiven Werten. Sie sind häufig auch sogenannte Frühzykliker. Dies bedeutet, dass sie relativ stark von dem frühen Stadium einer Konjunkturphase profitieren. Eine solche Phase wird von vielen Volkswirten erwartet. Denn inzwischen haben mehrere Impfstoffe die Zulassung erhalten.

Immer mehr Menschen sollen gegen COVID­19 immunisiert werden, mit dem Ziel, eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen. Dies würde bedeuten, dass die Menschen zu ihrem bisher bekannten Alltags­leben ohne Lockdown oder Reisebeschränkungen zurück­kehren könnten. Von dieser wirtschaftlichen Öffnung profitiert die Konjunktur. Ausserdem haben Regierungen weltweit Hilfspakete aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern und der Konjunktur zu einer schnellen Genesung zu verhelfen. Gleichzeitig halten die wichtigsten Notenbanken der Welt an ihrer lockeren Geldpolitik fest, um die wirtschaftliche Erholung weiter zu beschleunigen.

Moderne Grundstoffhersteller

Der erwartete Aufschwung dürfte Unternehmen in vielen Bereichen zugutekommen und ihre Gewinne ankurbeln. Die Grundstoffhersteller könnten besonders stark profi­tieren, da ihre Erzeugnisse in verschiedenen Bereichen als Vorprodukte zum Einsatz kommen. Zuletzt hatten an den Börsen unter anderem Technologiewerte und Papiere, die sich rund um Erneuerbare Energien beschäftigen, für Aufmerksamkeit gesorgt. Gerade die als Umweltverschmutzer geltenden Minenbetreiber passen nicht so recht in ein modernes Bild von nachhaltigen Investments. Allerdings kommen Rohstoffe nun einmal in sämtlichen Industrien zum Einsatz.

Auch Elektrofahrzeugbauer wie Tesla oder Technolo­gieunternehmen wie Apple verwenden in ihren Produkten Ausgangsstoffe, die in Form von Erzen zunächst aufwendig aus der Erde gefördert werden. So trifft es sich, dass Kupfer in Windrädern verbaut wird. Ausserdem kommt das Metall in Elektroautos vor. In Elektrofahrzeugen ist sogar deutlich mehr Kupfer als in herkömmlichen Autos zu fin­den. Auch Nickel, Kobalt, Lithium oder Mangan sind Teil der Elektro­Revolution am Mobilitätsmarkt. Darüber hinaus können Grundstoffhersteller von höheren Roh­stoffpreisen profitieren. Es bleibt abzuwarten, ob die zu Jahresbeginn 2021 angestiegenen Inflationserwartungen nur ein Strohfeuer waren oder ob uns Preissteigerungen ins Haus stehen.

BASF hat schon viele Krisen gemeistert

Zu den Klassikern unter den Grundstoffwerten gehören Chemiekonzerne wie BASF. Das Unternehmen, das auf eine mehr als 150­jährige Firmengeschichte zurückblicken kann, hat so manche Krise gesehen. So will der DAX­ Konzern auch Corona schnell hinter sich lassen. Ohnehin konnte sich BASF auch in Zeiten von COVID­19 bisher gut behaupten. Besonders beeindruckend fiel der Schluss­spurt im Geschäftsjahr 2020 aus. Im vierten Quartal wurde der Absatz in allen Regionen und in fast allen Segmenten gesteigert. Zudem wurde die Krise genutzt, um die Fixkosten nach unten zu drücken.

Als Ergebnis bleibt die Dividende für 2020 mit 3.30 Euro je Aktie auf dem Vorjahresniveau. Dies ist angesichts der derzeitigen Marktverwerfungen alles andere als selbst­verständlich. Zudem durften sich Mitarbeiter über einen Bonus freuen. Für 2021 werden bereits wieder Steigerun­gen bei Umsatz und Ergebnis erwartet. Das Management sieht einen Umsatzanstieg von 59.1 Mrd. Euro in 2020 auf nun 61 bis 64 Mrd. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) vor Sondereinflüssen soll laut Prognose zwischen 4.1 und 5.0 Mrd. Euro liegen, nach 3.6 Mrd. Euro im Vorjahr.

Clariant setzt auf wichtige Trends

Auch der schweizerische Spezialchemiekonzern Clariant erzielte im Jahr 2020 im Angesicht der Corona­Krise solide Ergebnisse. Der Umsatz aus fortgeführten Aktivi­täten ging um 5 Prozent in Lokalwährung auf 3.86 Mrd. Schweizer Franken zurück, während die EBITDA­Marge im Vorjahresvergleich lediglich um 0.7 Prozentpunkte auf 15.0 Prozent zurückging. Neben speziellen Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen von COVID­19 half Clariant auch die Konzentration auf Spezialitäten.

Auf diese Weise ist es für Kunden nicht einfach, Alter­nativen zu finden. Zudem zeigen sich die Preise in Krisen stabiler. In Zukunft will Clariant unter anderem von der Konzentration auf die schnell wachsenden Märkte in Asien, allen voran in China, profitieren. Ausserdem setzt der Konzern mit seinen Produkten auf wichtige Trends wie Energieeffizienz, erneuerbare Rohstoffe, emissions­freie Mobilität und den schonenden Umgang mit begrenz­ten Ressourcen.

Thyssenkrupp im Dauerumbau

Bei Thyssenkrupp ist es bereits vor Corona turbulent zugegangen. Der Stahl­ und Industriekonzern hat in den vergangenen Jahren eine Wandlung vollzogen. Im Vorjahr wurde die Aufzugsparte für gut 17 Mrd. Euro an eine Gruppe von Finanzinvestoren verkauft. Im Gegensatz dazu scheiterte in diesem Jahr der Verkauf des europäischen Stahlgeschäfts an Liberty Steel. Jetzt soll die Zukunftsfähigkeit des Stahlgeschäfts aus eigener Kraft sichergestellt werden. Zu diesem Zweck wird die Stahl­strategie 20­30 konsequent weiterentwickelt.

Diese soll die Folgen der Corona­Pandemie adres­sieren und den Stahl nachhaltig profitabel und damit zukunftsfähig machen. Ein Fokus liegt auf Investitionen zum Ausbau des Geschäfts mit Premium­Stählen für die Elektromobilität. Wie auch im traditionellen Automobilbau müssen die Bleche immer dünner und fester werden, um zum Beispiel die Leistungsfähigkeit von Elektromotoren zu steigern. Zudem sind Kostensenkungsmassnahmen angedacht.

Fazit

Nach den «Stay­at­Home»­Aktien könnte nun angesichts der erwarteten Konjunkturerholung nach der Corona­ Delle die Stunde der Grundstoffhersteller geschlagen haben. Fortschritte bei den Impfprogrammen dürften vor allem den konjunktursensitiven Werten neuen Schwung verleihen.

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